„Food Literacy“ - ein Grundtvig-Projekt stärkt Europas Ernährungskompetenz

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Autor/in:

Brandt, Peter

Titel: „Food Literacy“ - ein Grundtvig-Projekt stärkt Europas Ernährungskompetenz
Jahr: 2007
Quelle:

Homepage des „European InfoNet Adult Education“_Info Service Adult Education: Artikel vom 3.8.2007.

Abstract:

Sinkende Ernährungskompetenz in Europa ist der Anlass des Projekts „Food Literacy“. „Food Literacy“ ist »die Fähigkeit, den Ernährungsalltag selbstbestimmt, verantwortungsbewusst und genussvoll zu gestalten«. Der Beitrag zeigt anhand eines Beispiels, wie Ernährungsfragen en passant in Angeboten der Erwachsenenbildung thematisiert werden, ohne dass die Veranstaltung entsprechend gelabelt wäre.

Der Erwachsenenbildung sind schon viele Querschnittsziele und -motive unterlegt worden. Angebote sollen mittelbar zur Mündigkeit der Individuen beitragen, ihre Beteiligungsfähigkeit an gesellschaftlichen Prozessen erhöhen oder der Geschlechtergerechtigkeit dienen. Die neueste „Querschnittsaufgabe“ der Weiterbildung ist die Verbesserung der Ernährung – so jedenfalls will es die EU, die zu diesem Zweck ein Grundtvig-Projekt fördert.

Das Projektkonsortium aus acht europäischen Ländern nimmt sinkende Ernährungskompetenz zum Anlass, nach zeitgemäßen Formen für den Aufbau von „Food Literacy“ zu suchen. Es definiert Food Literacy als »die Fähigkeit, den Ernährungsalltag selbstbestimmt, verantwortungsbewusst und genussvoll zu gestalten«. Neben Kenntnissen über die Zusammensetzung der Nahrung geht es um das Wissen über die richtige Aufbewahrung und Zubereitung von Lebensmitteln.

Indikatoren für sinkende Ernährungskompetenz sind zunehmende Fehlernährung in sozial benachteiligten Milieus, geringere Zeitbudgets für Einkauf, Zubereitung und Konsum, sinkende Kochkompetenzen in der jüngeren Generation und eine zunehmende Unübersichtlichkeit der Lebensmittel- und Serviceangebote.

Um dem Dilemma abzuhelfen, sind Kochkurse übrigens ausdrücklich nicht gefragt. Angebote, die Kochen und Ernährung zum Gegenstand machen, werden erfahrungsgemäß von denjenigen nicht aufgesucht, denen es am meisten an „Food Literacy“ mangelt. Deshalb die Idee der Querschnittsaufgabe: Ein beliebiges Angebot der Erwachsenenbildung soll en passant Ernährungsfragen thematisieren und so dem Aufbau „kulinarischer Kompetenz“ dienen.

Das Projekt „Food Literacy“ hat hierzu Praxisbeispiele (Methoden und Fallstudien) in eine „Toolbox“ gepackt, die kostenlos im Internet zugänglich ist. Projektmitarbeiterinnen berichteten in der DIE Zeitschrift wie folgt über einen erfolgreichen Test in Österreich:

„In Wien sollten im März 2006 zehn Langzeitarbeitslose unterschiedlicher Herkunft (Albanien, Österreich, Serbien, Slowakei und Türkei) im Auftrag des Arbeitsmarktservices in einer sechswöchigen Schulung ‚beschäftigungsfähig’ gemacht werden. Die Stärkung des Selbstbewusstseins und das Erkennen persönlicher Fähigkeiten gehörten ebenso zu den Zielen wie die Vermittlung von EDV-Grundkenntnissen für die Erstellung von Bewerbungsunterlagen. Zu Beginn prägten gegenseitiges Unverständnis und eine negative Haltung gegenüber Gruppenmitgliedern anderer Kulturen die Atmosphäre. Die Trainerin schlug vor, gemeinsam am PC ein Kochbuch zu gestalten. Nach anfänglicher Skepsis begann ein Austausch, die Teilnehmer entdeckten Gemeinsamkeiten bei den Speisen und lernten kulturelle Unterschiede kennen und zu akzeptieren. Gleichzeitig erlernten sie den Umgang mit dem Computer, recherchierten im Internet und erstellten Seiten für das gemeinsame Kochbuch. Am Ende des Kurses gab es ein Büfett, für das alle ihre Lieblingsspeisen mitbrachten. Die Trainerin berichtete: ‚Das Feedback war überwältigend positiv. Die Teilnehmer haben nicht nur gelernt, was im Kurs vorgesehen war. Sie haben erkannt, wie wichtig Essen für das Wohlbefinden und die Leistungsfähigkeit ist, haben Anregungen für den eigenen Ernährungsalltag erarbeitet, aber auch Teamfähigkeit und Toleranz gegenüber anderen entwickelt.’ Eine erfolgreiche Schulung also mit ‚Mehrwert’ – ganz im Sinne von Food Literacy.“ (Müller, C. u.a.: Kulinarische Kompetenz entwickeln. "Food literacy" als Querschnittsaufgabe für die Erwachsenenbildung. DIE, H. 3/2007, S. 46-48, hier: S. 47f.

„Food Literacy“ als dauerhafte Querschnittsaufgabe der Erwachsenenbildung zu etablieren erscheint Beobachtern vielleicht eine Spur zu ambitioniert. Aber davon unbenommen wird die Saat des Projektes an der einen oder anderen Stelle sicher Früchte tragen.

Zum Projekt: Das Projekt „Food Literacy – ein neues horizontales Thema in der Erwachsenenbildung und -beratung“ wird durch das Programm SOKRATES-GRUNDTVIG der Europäischen Kommission gefördert. Das Projekt startete im Okt. 2004 und läuft bis Sept. 2007. Die Projektkoordination liegt beim österreichischen Weiterbildungsinstitut BEST – Institut für berufsbezogene Weiterbildung und Personaltraining GmbH. Partner aus dem Bereich der Erwachsenenbildung kommen aus Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Schweden, Lettland, Ungarn, Slowenien und Italien. Internet: http://www.best.at/internationale-projekte/projekte/abgeschlossene-projekte/food-literacy

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